Das Arbeiten in Behältern und engen Räumen ist eine der gefährlichsten Tätigkeiten der Wirtschaft. Die Gefährdung ergibt vor allem aus der räumlichen Enge und den erschwerten Zugangs- und Rettungsbedingungen. Eine der wichtigsten Schutzmaßnahmen einer qualifizierten Gefährdungsbeurteilung für solche Tätigkeiten stellt das Freimessen dar. „Freimessen ist das Ermitteln der momentanen Situation in einem Raum hinsichtlich einer möglichen Gefahrstoffkonzentration bzw. des Sauerstoffgehalts mit dem Ziel der Feststellung, ob die Atmosphäre in dem Raum ein gefahrloses Arbeiten ermöglicht.“ [DGUV-R 113-004, DGUV-G 313-002, TRGS 507] Dieser „Raum“ kann auch die Umgebung einer Gefahrstoff freisetzenden Stelle sein, in deren Nähe sich entsprechende Gefährdungen ergeben können. Im Gegensatz dazu steht die Dauerüberwachung im Rahmen von Arbeitsplatzmessungen, die inhalative Schichtmittelwerte und Kurzzeitexpositionen ermitteln. [TRGS 402]
Die primären Gefährdungen sind:
Sauerstoffmangel
Vergiftungen (inhalativ, cutan, oral)
Explosionen/Brände
Sekundäre Gefährdungen können zusätzlich auftreten:
Stäube und/oder biologische Gefahrstoffe
Enge, Wasser, Elektrizität etc.
Wo bzw. wann muss freigemessen werden?
Wer kennt nicht den Fall, dass ein Bauer in einen Brunnen einsteigt, um das Schöpfgerät zu klarieren und dabei ohnmächtig wird. Der Sohn und andere Beteiligte steigen nacheinander hinterher, um zu helfen und verlieren auch das Bewusstsein. Letztlich sterben alle Personen im Brunnen. Die Ursachen sind eine durch Kohlendioxid ausgelöste Vergiftung und Sauerstoffmangel. Diese Gefahren wären durch vorheriges Freimessen erkannt worden.
Oftmals geht es im Zusammenhang mit dem Freimessen um „Behälter und enge Räume“ bzw. „abgeschlossene Räume“ wie Schächte, Tunnel, Silos, Container aber auch umschlossene Industrieanlagen. Aber auch Untertage-Arbeitsplätze und Wohnungsbrände stellen entsprechende Gefahrstellen dar. Dazu kommen Umgebungen von Gefahrstoffquellen, wie wiederum Industrieanlagen, Tankstellen, -Lager, allgemein Chemikalienlager, Kläranlagen etc. Immer, wenn eine Gefährdung durch gasförmige Gefahrstoffe nicht ausgeschlossen werden kann (und der Ort ohne Schutzausrüstung betreten werden soll), muss zuvor freigemessen, die Sicherheit durch spezielle Maßnahmen hergestellt und freigegeben werden.
Maßnahmen nach dem Freimessen
Wird beim Freimessen festgestellt, dass sich eine Gefährdung durch die vorhandene Atmosphäre ergibt, ist das Betreten zunächst zu untersagen. Im Weiteren kann durch das Schließen der Gefahrstoffquellen und/oder Lüften bzw. direktes Absaugen versucht werden, die Gefahrstoffe zu beseitigen. Im Anschluss ist ein erneutes Freimessen nötig. Ist es nicht möglich, die Gefahrstoffe zu beseitigen, ist ein Betreten nur mit geeigneten Schutzausrüstungen möglich/erlaubt. Dazu zählen:
Chemikalien-Schutzanzug und Isoliergerät (schlauchgebunden, Pressluftatmer,
Regenerationsgerät)
Gas- oder Kombinationsfiltersysteme „Gasmasken“ (AX für Kohlenwasserstoffe, SX für
spezielle Gase, CO-Filter)
Partikel filternde Halbmasken (Stäube: FFP1/FFP2; Biostoffe: FFP2/FFP3)
Wer darf freimessen?
Zum Freimessen sind Kenntnisse erforderlich über:
(die Art der Gefährdung durch) die evtl. vorhandenen Gefahrstoffe bzw. Sauerstoffmangel
die verwendete Messtechnik (Genauigkeit, Selektivität, Querempfindlichkeiten)
die verwendete Messtaktik
das relevante Umfeld
physikalische Grundlagen
Freimessen darf nur, wer solche Kenntnisse hat. Diese Fachkunde wird im DGUV-Grundsatz 313-002 gefordert. Regelmäßig bietet das Berufskletterzentrum verschiedene Schulungen zum Freimessen an. Auf der Grundlage einer Betriebsanleitung/Messanleitung oder eines Erlaubnisscheins können auch von unterwiesenen Personen ohne Fachkunde Messungen der Atmosphäre durchgeführt und die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden.
Gesetzliche Grundlagen und relevante Regelwerke
Das Sozialgesetzbuch (SGB) VII behandelt die gesetzliche Unfallversicherung, fordert Arbeitsschutzmaßnahmen und ermächtigt Unfallverhütungsvorschriften (UVV). Besondere Relevanz erlangt im Zusammenhang mit der Gefährdung durch Gase die DGUV-V 21/22, die insbesondere abwassertechnische Anlagen behandelt. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) fordert allgemein Maßnahmen des Arbeitsschutzes und legt diesbezügliche Verantwortungen, Zuständigkeiten und Pflichten fest. Diese werden durch die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) spezifiziert (Gefährdungsbeurteilung).
Das relevanteste Gesetz im Zusammenhang mit dem Freimessen ist das Chemikaliengesetz (ChemG), das insbesondere über die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) Arbeitsplatz- und biologische Grenzwerte definiert, Inhalte der Gefährdungsbeurteilungen, Explosionsschutzdokumente und der
Betriebsanweisungen spezifiziert und spezielle Schutzmaßnahmen fordert. Weitere relevante Schriften mit Gesetzescharakter sind die Explosionsschutzverordnung (11. ProdSV) und die Biostoffverordnung (BioStoffV).
In den o.a. Schriften wird jeweils verlangt, dass nach dem „Stand der Technik“ gehandelt wird. Um das diesbezügliche Wissen bereitzustellen, werden verschiedene Ausschüsse berufen:
SGB VII → Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): DGUV-R, DGUV-I, DGUV-G
BetrSichV → Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS): TRBS
GefStoffV → Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS): TRGS
BioStoffV → Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS): TRBA
Bei den angeführten DGUV-Regeln, -Informationen, -Grundsätzen bzw. technischen Regeln handelt es sich nicht um Gesetzestexte. Wohl aber beschreiben sie den regelmäßigen Betrieb – Ausnahmen sind aber durchaus möglich.
Im Zusammenhang mit dem Freimessen sind die wichtigsten Regeln:
DGUV-R 113-004 Behälter, Silos und enge Räume
DGUV-G 313-002 Auswahl, Ausbildung und Beauftragung von Fachkundigen zum Freimessen
TRGS 507 Oberflächenbehandlung in Räumen und Behältern
In vielen weiteren Regeln wird das Freimessen gefordert, z.B. DGUV-R 103-003/004 abwassertechnische Anlagen, DGUV-R 101-004 Kontaminierte Bereiche, DGUV-R 103-002 Fernwärmeverteilungsanlagen, DGUV-R 114-004 Deponien. Die DGUV-R113-001 „ExSchutz-Regeln“ ist eine Sammlung technischer Regeln für das Vermeiden der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre. Die DGUV-I 213-056/057 beschreiben Gaswarngeräte. Die Liste der relevanten Regeln umfasst duzende Einträge. Diese können nur im Rahmen einer Freimess-Ausbildung vermittelt werden.
Welche Technik wird zum Freimessen verwendet?
Sicher ist jedem der untertage mitgeführte Kanarienvogel ein Begriff, der durch seinen Gesang anzeigte, dass die Atmosphäre einigermaßen in Ordnung ist. Verstummte er, wussten die Bergleute, dass Gefahr im Verzug war und konnten dementsprechend handeln. Nicht anders funktioniert moderne Gasmesstechnik. Sie misst die Konzentration von Sauerstoff und Gefahrstoffen und zeigt diese optisch an. Zusätzlich können Alarme eingestellt werden, die sich an Grenzwerten orientieren und ggf. Zeit für bestimmte Aktionen lassen, wie z.B. Gefahrenquellensuche und –beseitigung, Verlassen des Arbeitsplatzes etc. Das Problem ist nämlich, dass der menschliche Körper fast gar keine Rezeptoren für die meisten Gefahrstoffe hat. Manche offenbaren sich zwar durch ihren Geruch oder durch ihre Farbe (H2S, NOx). Viele sind aber geruchs- und farblos (CO, CO2, CH4). Sauerstoff wird vom Körper zwar gebraucht, aber nicht wahrgenommen.
Gasmesstechnik beinhaltet spezielle Sensoren, die auf verschiedenen Messprinzipien basieren. Die Sensoren sind oft an eine elektronische Datenverarbeitung angeschlossen, die die Informationen für den Anwender bereitstellt:
Messung der Verbrennungswärme
(nicht dispersive) Infrarot-Absorption
elektrochemische Quantitätsanalyse
Photoionisation
colorimetrisch-chemische Quantitätsanalyse
Die gesamte Technik ist in so genannten ein- oder Mehrfachmessgeräten verbaut, die handlich und relativ einfach zu bedienen sind. Die colorimetrisch-chemische Messung kommt auch in so genannten Messröhrchen zum Einsatz. Bei beiden Techniken können sowohl Langzeit- als auch
Kurzzeit-Messungen ausgeführt werden. Während Gasmessröhrchen Verfalldaten besitzen, sind Gasmessgeräte Kontrollen in
unterschiedlichen Zeiträumen zu unterziehen. Solche sind
Das Berufskletterzentrum steht für professionelle Schulungen, Ausrüstung und Dienstleistungen im Bereich Absturzsicherung und seilunterstützte Höhenarbeit. Dank der Zulassung als Bildungsträger nach AZAV ist im Berufskletterzentrum der GEFABA GmbH auch eine staatlich geförderte Ausbildung möglich. Kurse in Seilklettertechnik SKT für Baumkletterer und Seilzugangstechnik SZP für Industriekletterer sind dabei ebenso im Angebot, wie Lehrgänge zur sicheren Anwendung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz, Ausbildungen im Freimessen, Schulungen für sachkundige Prüfer von PSA gegen Absturz, Leitern und Tritten u.a.m. Zusätzlich zum regulären Kursprogramm im Trainingszentrum Berlin-Brandenburg können Unterweisungen auch deutschlandweit direkt beim Kunden ausgerichtet werden.
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